14.1.10

Der Tag an dem ich Elena traf

Heute ist es mal wieder passiert. Ich habe ein Mädchen getroffen. Sie heißt Elena und ist acht Jahre alt.
Nein, ich bin nicht plötzlich pädophil geworden, aber ich bin unheimlich entsetzt, dass ich noch nie von ihr gehört habe.

ELENA steht für elektronischer Entgeldnachweis und soll dem Arbeitnehmer das Beantragen von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Wohngeld usw. erleichtern und unter anderem den "Medienbruch", das heisst "Papier", bei der Übertragung verhindern. Dazu werden bestimmte Daten von dem Arbeitgeber an einen Zentralrechner der deutschen Rentenversicherung per Chipkarte mit elektronischer Signatur des Arbeitnehmers übertragen. Die Datensätze kann man sich runterladen und das PDF ist stolze 41 Seiten lang. PDF

Neben einer nie dagewesenen Datensammlung und diese auf Verdacht, da ja nicht sicher ist, ob der Arbeitnehmer jemals Sozialleistungen beantragen muss, ist besonders der Teil über Fehlzeiten interessant, den der Arbeitgeber sehr weit aufschlüsseln muss:

Art der Fehlzeit
01 = Krankengeld/Krankentagegeld/KUGKrankengeld/
Übergangsgeld/Verletztengeld
02 = Kranken-/Verletztengeld bei Pflege eines kranken Kindes
03 = Mutterschutzfrist (Mutterschaft nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1
MuschG)
04 = Versorgungskrankengeld
05 = unbesetzt
06 = Pflegezeit nach § 2 oder § 3 Abs.1 PflegeZG
07 = Elternzeit
08 = Einstellung Entgeltersatzleistung wegen voller Erwerbsminderungsrente
09 = Wehrdienst/Eignungsübung/Zivildienst/Wehrübung
10 = unbezahlter Urlaub
11 = unbezahlte Fehlzeit (z.B. unentschuldigtes Fehlen/
Arbeitsbummelei/Wochenende oder Feiertage ohne Entgelt/
Pflege eines kranken Kindes ohne Kranken- oder Verletztengeldbezug/
kurzzeitige Arbeitsverhinderung wegen Pflege)
12 = unrechtmäßiger Streik
13 = Aussteuerung
14 = rechtmäßiger Streik
15 = Aussperrung
16 = unwiderrufliche Freistellung ohne Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes
Bescheinigung:
2.1, 2.3, 3.1, 5.3

Entliehen von Manus Blog: http://manubloggt.de/index.php?/archives/156-ELENA,-die-Datenhure.html der ihn aus dem alten ELENA PDF hat. Sehr lesenswerter Artikel zu dem auch noch dieser gehört: http://manubloggt.de/index.php?/archives/165-Mehr-zu-ELENA.html .
Insbesondere die "unbezahlte Fehlzeit" und die Streikinfos, ob rechtmäßig oder nicht, sind ja wohl der absolute Oberhammer.
Ich musste den Teil mir von Manu ausleihen, weil unsere liebste Frau von der Leyen letzte Woche dann wohl doch "irgendwie" darauf gekommen ist, dass es ein paar zu viele sensible Daten sind. Der aktuelle Abschnitt sieht nun so aus:

Art der Fehlzeit
01 = Krankengeld/Krankentagegeld/KUGKrankengeld/
Übergangsgeld/Verletztengeld
02 = Kranken-/Verletztengeld bei Pflege eines kranken Kindes
03 = Mutterschutzfrist (Mutterschaft nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1
MuschG)
04 = Versorgungskrankengeld
05 = unbesetzt
06 = Pflegezeit nach § 2 oder § 3 Abs.1 PflegeZG
07 = Elternzeit
08 = Einstellung Entgeltersatzleistung wegen voller Erwerbsminderungsrente
09 = Wehrdienst/Eignungsübung/Zivildienst/Wehrübung
10 = unbezahlter Urlaub
11 = sonstige unbezahlte Fehlzeit
12 = unbesetzt
13 = Aussteuerung
14 = unbesetzt
15 = unbesetzt
16 = unwiderrufliche Freistellung ohne Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes

Es gibt noch weitere Probleme mit ELENA. Die Daten werden zentral gespeichert und der Arbeitnehmer hat kein Widerspruchsrecht über die Weitergabe seiner Daten. Außerdem existieren Freitextfelder, die die Herausnahme der besonders sensiblen Fehlzeiten und Gründe ad absurdum führen. Der Arbeitgeber kann hier im Zuge eine Kündigung oder Ähnlichem eigenen Text eingeben. "Die Kündigung erfolgte, weil der AN faul war und zuviel am Arbeitsplatz privat telefoniert hatte." Das mag stimmen, muss aber nicht. Der Sachbearbeiter hat dann Zugriff auf diese Daten. Na dann, viel Spass bei der Jobsuche.
Die Fragen des Widerspruchs und der Selbstauskunft sind übrigens auch noch nicht entgültig geklärt.
Ein einfaches Bundesgesetz würde zudem auch einen erweiterten Zugriff auf diese Daten ermöglichen. Momentan wird wohl ab 2012 vor allem die Bundesagentur für Arbeit Zugriff auf die Daten haben und ab 2015 noch die Krankenkassen, Pflegekassen, Studentenwerke, die Renten- und Unfallversicherungen, die Sozialämter und Jobcenter. Hier ein Zitat von

Prof. Ulrich Goll (FDP), Justizminister Baden-Württemberg: "Ich garantiere Ihnen, alle Daten, die erhoben werden, werden hinterher für andere Zwecke genutzt, als es ursprünglich im Gesetz drinsteht. Das habe ich bisher in jedem Fall so erlebt und das hat mich eigentlich zu dem Punkt gebracht, dass ich heute sage, nur ein Datum, was nicht erhoben wird, ist wirklich geschützt."

aus einem ebenfalls lesens- bzw. schauenswerten Bericht des Monitors: http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2010/0107/elena.php5

Ich bin entsetzt.
Nicht nur darüber, dass ich bisher noch nichts von ELENA gehört habe (ich bin heute in einem Blog über ELENA gestolpert, wo das Verfahren aber eher eine Randnotiz war), sondern auch, dass diese klammheimlich, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit, als Gesetz verabschiedet worden ist.


Zweitens: Das ist kein Projekt in ferner Zukunft, sondern bereits ab dem 01.01 starteten bereits die ersten Arbeitgebermeldungen und ab 2012 sind sie dann verpflichtend.

Das ist eine umfassende Vorratsdatenspeicherung über ca. 40 Millionen Arbeitnehmer, wie es noch nie zuvor eine gegeben hat. Ich bin sehr besorgt und kann mich Manus Aufruf nur anschliessen:

Bitte bloggt und twittert über ELENA, so dass diese Datenschlampe die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient.

Zum Schluss noch Gedanken über das Elenaverfahren 2010 von OPN: http://www.europa-traders.eu/de/elena-verfahren

Links:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen